Nach diversen Verbesserungen brachte in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2017 der chinesische Bogenbauer Zhang Li unter der Bezeichnung "Yarha" (Leopard) einen Bogen im chinesisch - mandschurischen Stil unter Verwendung von Glasfiber und Holz auf den Markt.
Stammdaten
Holz-Glasfiber-Bogen im Stil der Kriegs- und Jagdbögen der chinesischen Mandschu-/Qing-Dynastie (1644-1911).
Hersteller: Zhang Li / Ali Bow, www.alibowshop.com
Länge Siyahende zu Siyahende abgespannt:130 cm
Länge Siyahende zu Siyahende aufgespannt: 150 cm
Sehnenlänge abgespannt: 148 cm
Sehnenmaterial, -art und -stärke: Fast Fligth, 18 Strang; eine Verwendung von handelsüblichem Dacron B 50 ist möglich.
Zuggewicht: 40,9 lbs. @ 32 Zoll (gemessen), 46,1 lbs. @ 36 Zoll (gemessen) - Auszugsdiagramm anbei
empfohlene Standhöhe: 6 3/4 Zoll
idelaer Arbeitsbereich: 34 – 36 Zoll
max. Auszug: 36 Zoll
empfohlenes Pfeilgewicht: 16 gpp
Gewicht: 0,780 kg
Materialien:
Korpus/Kern/Wurfarme – schwarzes Glasfiber
Griffstück und Wurfarmenden – Maulbeerholz
Tips - Nockinserts - eingespleistes Horn
Laminierung des Korpus auf dem Bogenrücken und dem Übergang von Wurfarmen zu den Wurfarmenden – schwarzes Rindsleder.
Übergänge des Griffstückes zu den Wurfarmen (Pfeilanlage) - jeweils mit schwarzem, ungeschliffenem Stachelrochenleder cuvertiert
Übergänge vom Griffstück zu den Wurfarmen sowie von den Wurfarmen zu den Wurfarmenden - mit Wicklungen aus gröberen Garnmaterial versehen.
Bogenverlaufsform und Größenverhältnisse: für mandschurische Bogen typischer, mittlerer bis starker Reflex von Wurfarmen (Länge je 48 cm; Breite max. 4,0 cm) und Siyahs (Länge je 26,5 cm)
Griffstück: schlank; gerade; leicht zurückgesetzt, Bezug mit schwarzem Rindsleder
Fertigungszeit: Ende 2017
Preis: 150,- US-Dollar (Ende 2017)
Allgemeines zu Verarbeitung und Fertigung
Die Verarbeitung des Bogens ist solide, stabil und sauber.
Lediglich an den Wicklungen des Übergangs vom Griffstück zu den Wurfarmen an je zwei Stellen nahezu identischer Lage eine geringfügige Lücke in den ansonsten jedoch festen Wicklungen.
Aufgrund des verwendeten Glasfibermaterials kann eine Robustheit unterstellt werden, die denen glaslaminierter Bogen überlegen ist.
Die Siyahs wirken kräftig, jedoch zu ihren Enden hin schlank zulaufend und nicht klobig. Die nicht von der Ledercuvertierung erfassten Bereiche sind solide transparent lackiert. Die eingespleisten Tips/Nockinserts sind mit schwarzem Lack überzogen.
Im entsprechenden Verhältnis zu den Wurfarmenden stehende, kräftige Sehnenbrücken mit zusätzlich eingearbeitetem, den Lauf der Sehne führendem Bett.
Aus der Erfahrung mit anderen Bögen ähnlicher Bauart empfiehlt es sich, die Sehnenbrücken mit einem dünnen Leder- oder Filzüberzug zu versehen, um den Abrieb der Sehne an deren Kanten sowie den beim Aufschlag der Sehne auf die Brücken entstehenden Geräuschpegel zu minimieren.
Die farbliche Gestaltung ist durch den Bezug mit einfarbigem Leder dezent. Es stehen jedoch herstellerseits verschiedene Möglichkeiten der Cuvertierung mit unterschiedlich gefärbten Leder- oder Hautarten zur Verfügung.
Ob die Fadenwicklungen an den Übergängen vom Griffstück zu den Wurfarmen bzw. von den Wurfarmen zu den Wurfarmenden wirkliche Funktionen erfüllen - wie etwa eine Stabilisierung oder Schutz gegen Verdrehungen - oder nur Zierde sind, konnte nicht beurteilt werden. Jedenfalls wirken sie im Kontext zu dem doch sehr robust wirkenden Bogen nicht unpassend und stören den optischen Gesamteindruck nicht.
Auszugs- und Schußverhalten
Auszugsverhalten
Im ersten Viertel des Auszuges ist das für mandschurische Bogen typische Auszugsverhalten festzustellen:
Aufgrund des Reflexes und der langen Wurfarmenden besteht eine Vorspannung, die es - ähnlich wie bei einem modernen Compoundbogen - zunächst zu überwinden gilt. Dazu muss kurzzeitig recht kräftig ausgezogen werden bzw. ein entsprechender Vorschub erfolgen.
Danach erfolgt ein merklicher Abfall des zum Auszug erforderlichen Kraftaufwandes und der Bogen läßt sich angenehm weiter ausziehen, man kann sogar von einem leicht „schwammigen“ Auszugsgefühl sprechen.
Ungefähr ab der Hälfte des möglichen Auszuges ist ein stetiger Anstieg der Zuggewichtsbelastung konstatierbar, welcher zum Maximalauszug von 36 Zoll hin leicht abfällt und den Schützen in einem „schwebendem“ Vollauszugsgefühl stehen läßt.
Subjektiv gesehen hatte man beim Erreichen des Vollauszuges somit nicht den Eindruck, am Ende des möglichen Auszuges angelangt zu sein; selbst ein Überziehen schien möglich. Ein Stacking war nicht zu bemerken.
Auszugskurve anbei.
Abschußverhalten
Abschussart und verwendetes Material
Abschußart:
Der Bogen wurde unter Verwendung eines zylindrischen Daumenrings im chinesisch-mandschurischen Stil bei Maximalauszug von 36 Zoll geschossen.
Pfeilmaterial:
Sich an historischen, mandschurischen Originalen orientierender Pfeil:
Aus Vereinfachungsgründen wurden jedoch die bei solchen Pfeilen übliche Cuvertierung des Nockbereiches mit Stachelrochenleder; die der Sektion zwischen Nocke und Befiederungsbeginn mit Birkenrinde und die Seidenpapierwicklungen zur Federsicherung weggelassen bzw. durch einfachere Formen ersetzt. Die normalerweise aus dem Schaft ausgeschliffene, konische Nocksektion wurde durch eine diese imitierende Plastikklebnocke realisiert:
Pappel; dynamischer Spine ca. 80-85 lbs., Länge 36´´; Durchmesser 3/8“; asymmetrisch gebarrelt auf 23/64“; 145 - grn. – Tüllen – (Bullet) - Schraubspitze; klassische Befiederung im mandschurischen Stil mit drei Federn in gestreckter Parabolform über 26 cm; Gewicht 719 grn.- 15,6 gpp..
subjektiver Eindruck
Bogen mandschurischer Bauart gerieren aufgrund des Reflexes der Wurfarme, der Länge der Siyahs sowie der Sehnenbrücken beim Abschuss teilweise erhebliche Schwingungen, welche als Handschock wahrgenommen und vom Schützen durch entsprechende Schusstechnik absorbiert werden müssen. Letzteres erfordert einige Übung und erschwert, insbesondere für Anfänger, das Schießen mit Bogen dieser Bauart teilweise erheblich.
Auch ist der ausgesprochen lange Auszug dieser Bogen für viele Schützen ungewohnt, führt er doch dazu, dass sich die Zughand im Vollauszug in der Regel auf der Höhe des Ohres oder noch weiter in Richtung Zugschulter, nahezu frei schwebend im Raum befindet.
Dieses sowie die weiteren, zum Lösen notwendigen Bewegungen bzw. der dazu notwendige, gezielte Krafteinsatz stellen weitere Herausforderungen für den Verwender dar, da sie neben der bloßen Bewegungskoordination eine zentrierende Kraftentfaltung trotz ausgedehnter Lage der oberen Extremitäten erfordern.
Der getestete Bogen entwickelte bei Verwendung des für ihn herstellerseitig als ideal bezeichneten Pfeilgewichtes einen nur moderaten, weichen Handschock, der sich nicht sonderlich unangenehm ausnahm.
Die Energieabgabe beim Abschuss erfolgte – nicht zuletzt auch angesichts des doch hohen Pfeilgewichtes von fast 16 gpp - erstaunlich dynamisch mit Tendenz zu einer gewissen, “giftigen Explosivität“, wie man sie eigentlich nur von sehr kurzen Bogen kennt.
Ungeachtet dessen wurden die Pfeile schnurgerade Richtung Ziel befördert, der Bogen zeigte kein sonderliche Anfälligkeit für Fehler beim Abschuß. Ein sauberes Lösen vorausgesetzt, schien ein Fehlgehen der Schüsse aufgrund des Abschussverhaltens des Bogens selbst nahezu ausgeschlossen.
Dieses nahm sich, insbesondere beim Schießen aus der Bewegung, als sehr vorteilhaft aus.
Es entstand das Gefühl eines sehr schnellen, sicheren Abschusses; jedoch auch mit einer leichten Tendenz zur Schwammigkeit.
Da das Design des Bogens in etwa den historischen Vorbildern entspricht, kann vermutet werden, dass dieses für Schußstabilität, Auszugsverhalten und Treffsicherheit, aber auch den Handschock an sich ursächlich ist.
Das teilweise etwas schwammige Auszug- und Abschussverhalten geht sicherlich auf das Konto der verwendeten Materialkombination.
Ungeachtet dessen ist das dynamische Abschussverhalten angesichts der gemeinhin als nicht sonderlich leistungsfähig vorverurteilten Holz-Glasfiber-Kombination beachtlich.
objektiver Eindruck - Ergebnisse Geschwindigkeitsmessung sowie „Dynamic Efficiency“ (lt. Auszugsdiagrammformel)
Der vorerwähnte Testpfeil wurde mehrfach über ein offenes, wie geschlossenes Chronometer geschossen.
Geschwindigkeitsmittel: 173 fps.
Dynamic Efficiency: 88,43 %
Diese Ergebnisse liegen angesichts des hohen Pfeilgewichtes über dem des für Bogen dieser Bauart zu Erwartenden: Chinesisch - mandschurische Bogen waren keine Hochgeschwindigkeitswaffen. Sie waren konstruiert, um schwere Pfeile auf nahe bis mittlere Distanzen bei hoher Durchschlagskraft gegen schwer gepanzerte Gegner bzw. entsprechendes Wild effektiv und sicher ins Ziel zu bringen.
Dieser Bogen paart diese Anforderungen mit für das verwendete Pfeilgewicht hoher Geschwindigkeit.
Fazit
Ein gut verarbeiteter Bogen in exklusivem Design mit gutem Auszugs- und für Bogen dieses Typus und verwendeten Materials außerordentlichem Schussverhalten. Die Komposition von Bogendesign und Werkstoffen ist als gut gelungen zu bezeichnen.
Insbesondere führt der Bogen Behauptungen ad absurdum, Glasfiber-Holz- Bogen wären nicht leistungsfähig.
Aufgrund des den historischen Vorbildern entsprechenden Designs, angenehmen Auszugs- und effizienten Schussverhaltens kann dieses Modell insbesondere für Interessenten eine Option sein, die sich dafür entschieden haben, sich näher mit dem Schießen von Bogen mandschurischer Tradition zu befassen.
Mit diesem Bogen kann die etwas gewöhnungsbedürftige bzw. schwierige, mandschurische Schießweise eine ganze Weile beübt werden – um sich später vergleichbaren Bogenmodellen aus höherwertigen Materialien zuzuwenden.
Vorteilhaft nimmt sich der in diesem Zusammenhang auch der attraktive Preis aus – Bietet der Markt derzeit (2018) doch vom Design her Vergleichbares zu weit höheren Preisen, wobei die Leistung dieses Bogens durch die preisintensiveren Konkurrenzprodukte nicht erreicht wird.